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Pop und Kultur

Kann KI auch über Musik schreiben?

christina mohr
Freie Autorin

Geboren in Frankfurt, heute wieder dort lebend und arbeitend - hauptberuflich für einen Sachbuch- und Wissenschaftsverlag, daneben als freie Autorin für Magazine wie Spex, Missy Magazine, Konkret, Die Anschläge, kaput-magazine.com, melodiva.de, culturmag.de.

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christina mohrDonnerstag, 02.02.2023

Seit das amerikanische Unternehmen OpenAI im November 2022 den Chatbot-Prototypen ChatGPT veröffentlichte (ist das der korrekte Begriff? Oder "launchte"? Oder "herausbrachte"?), ist die Journalist:innenzunft besorgt: Wird künftig KI-Software Rezensionen und Berichte erstellen können und somit menschliche Mitarbeiter:innen in den Redaktionen überflüssig machen?

Der britisch-amerikanische Musikjournalist und Buchautor Simon Reynolds hat für tidal.com einen Selbstversuch gewagt. Reynolds Aufgabe für ChatGPT lautete:

Write an essay in the style of music critic Simon Reynolds that expresses skeptical views about A.I. taking over the role of the music critic.

Die Maschine sollte ein Essay in Reynolds' Stil verfassen, in dem er (bzw. sie, die Software) kritische Überlegungen darüber anstellt, ob künstliche Intelligenz menschliche Musikkritiker:innen ersetzen kann. Also einmal um die Ecke gedacht, aber durchaus verständlich für ChatGPT, das binnen Sekunden einen 200-Wörter-Text ablieferte – im Ergebnis beeindruckend und enttäuschend zugleich, wie Reynolds (mutmaßlich der echte) auf tidal.com schreibt. Denn die Software ist zwar in der Lage, wohlabgewogene Argumente zu notieren, nicht aber, stilistische Eigenheiten nachzuahmen.

Reynolds stellte ChatGPT weitere Aufgaben, so sollte ChatGPT beispielsweise die politische Bedeutung eines Songs der britischen Band The Smiths erläutern. Nun offenbarten sich Schwächen: Die Software erfand ein Video, das es gar nicht gab; verwechselte Künstler:innen und ernannte Simon Reynolds zum Autor eines Buches, das nicht existiert. Zu Recherchezwecken würde er ChatGPT keinesfalls verwenden, so Reynolds lakonisch. Abgesehen von den belegbaren Fehlern haben ChatGPT und andere AI-Bots in Reynolds Augen einen weiteren entschiedenen Nachteil, zumindest was seine eigene Profession angeht: Künstliche Intelligenz hört keine Musik und verspürt auch nicht die Notwendigkeit dafür. Es ist natürlich möglich, einen (halbwegs) faktenbasierten Text von einem Bot erstellen zu lassen – aber dieser wird ohne die emotionalen und subjektiven Eindrücke sein, die einen (musik-)journalistischen Artikel zum Erlebnis mit Mehrwert für die Leser:innen macht.

Reynolds beschließt seinen wie gewohnt langen und ausführlichen (schon allein deshalb gewiss selbst geschriebenen) Text, dem eine "Man-Machine-Interface"-Playlist angefügt ist, so:

Solange keine künstliche Intelligenz erfunden wird, die den Narzissmus und Exhibitionismus menschlicher Autoren simulieren kann - ein Chatbot, der gerne über eine Seite schwadroniert und über seine eigenen Witze lacht -, haben wir Menschen aus Fleisch und Blut meiner bescheidenen Meinung nach wenig zu befürchten.

(übersetzt mit deepl.com)

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