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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Nun sah ich INTRIGE, den neuen Film von Roman Polanski. Ich kann ihn empfehlen, obwohl ich nicht so begeistert wie Adam Soboczynski in seiner Rezension bin, aber dieser arbeitet die weitreichende historische Bedeutung der Dreyfus-Affäre ausgezeichnet heraus:
Die Philosophin Hannah Arendt hat in ihrem Klassiker "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" auf die fatale Modernität der sogenannten Dritten Republik in Frankreich während der Dreyfus-Affäre hingewiesen. Das Rechtsbewusstsein war Ende des 19. Jahrhunderts noch so tief verankert, dass der berühmte französische Justizskandal damals sowohl in Europa als auch in den USA sogleich als Ungeheuerlichkeit begriffen wurde. Nur die "französische öffentliche Meinung", so Arendt, "war bereits modern genug, sich nur nach politischen Erwägungen zu richten". Die Gleichheit vor dem Gesetz war noch der Maßstab, den die meisten an eine funktionierende Staatlichkeit legten. Dass die französischen Gerichte 1894 den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus wider besseres Wissen, aber vor dem Hintergrund einer antisemitischen Öffentlichkeit, wegen Spionage verurteilten, wies daher auf eine heillose Zukunft.
Die massive Politisierung des Mobs wie die Intrigenwirtschaft von Militärs und Politikern hatten damals die Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt und damit den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts vorgearbeitet. Nicht der Antisemitismus der Gesellschaft war neuartig. Neuartig war, dass die auf weltanschauliche und religiöse Neutralität verpflichteten Institutionen der Republik die Gleichheit vor dem Gesetz nicht mehr gewährleisten wollten oder konnten, dass sie einer Stimmung aufsaßen und einen offenkundig Unschuldigen in den Knast setzten und auf die Teufelsinsel in Französisch-Guayana verbannten.
Mit dem spektakulären Artikel ICH KLAGE AN schaffte der Ausnahmekünstler Emile Zola die Wende, die schließlich zur Freilassung und Rehabilitierung von Dreyfus führten.
Die Leute, die ich anklage, kenne ich nicht, ich habe sie nie gesehen, ich hege weder Groll noch Hass gegen sie. Sie sind für mich nur Erscheinungen, Symptome der Krankheit der Gesellschaft. Und die Handlung, die ich hiervollziehe, ist nur ein radikales Mittel, um den Ausbruch der Wahrheit und der Gerechtigkeit zu beschleunigen.
Manche sahen darin die Geburtsstunde des politischen Intellektuellen, des engagierten Schriftstellers, der im 20. Jahrhundert eine große Rolle spielte.
Aber woher hatte denn Zola die Informationen, die es ihm ermöglichten, den Artikel zu schreiben?
Das war der Ausgangspunkt für Robert Harris Roman Intrige, der 2013 erschien und den Roman Polanski nun verfilmte.
Nicht mehr der große Schriftsteller steht im Mittelpunkt, sondern der Whistleblower, der die Hinweise gab, die Hintergründe enthüllte.
Nicht zuletzt konnte Robert Harris diese neue Perspektive für diese alte Geschichte wählen, weil Whistleblower in unserer Welt eine wichtige Rolle spielen.
Manchmal übernehmen sie auch die Rolle des Schriftstellers in Personalunion. So publizierte Edward Snowden mit PERMANENT RECORD ein vielbeachtetes Buch in seinem russischen Exil.
Und der Kampf um Julian Assange geht seit vergangenen Montag vor Gerichten weiter. Nils Melzer, Uno-Sonderberichterstatter für Folter, erläutert den Fall in einem tief blickendem und bewegenden Interview, das auf piqd schon Aufsehen erregte, das aber in diesem Zusammenhang eine neue Facette erhält:
Als Uno-Sonderberichterstatter für Folter und vorher als IKRK-Delegierter habe ich schon viel Schrecken und Gewalt gesehen. Wie schnell sich friedliche Länder wie Jugoslawien oder Ruanda in eine Hölle verwandeln können. An der Wurzel solcher Entwicklungen stehen immer Strukturen mangelnder Transparenz und unkontrollierter politischer oder wirtschaftlicher Macht, kombiniert mit der Naivität, Gleichgültigkeit und Manipulierbarkeit der Bevölkerung. Plötzlich kann das, was heute immer nur den anderen passiert – ungesühnte Folter, Vergewaltigung, Vertreibung und Ermordung – ebenso gut auch uns oder unseren Kindern passieren. Und es wird kein Hahn danach krähen. Das kann ich Ihnen versichern.
Diese Einschätzung kannten Harris und Polanski nicht, als sie ihre Werke schufen, aber sie veranschaulichen sie.
Sie gestalteten einen Stoff von Gestern aus der Sicht von Heute.
Quelle: Adam Soboczynski, Emile Zola, Nils Melzer u. a. Bild: Capital Pictures/... zeit.de
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