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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Am 10. Februar 2023 wird mit zahlreichen Veranstaltungen der 125. Geburtstag von Brecht gefeiert. Der mit nur 58 Jahren im Jahre 1956 gestorbene Autor ist noch recht lebendig und einer der häufig gespielten Dramatiker weltweit.
Die russische, im Berliner Exil lebende Autorin und Theatermacherin Irina Rastorgueva, die auf Piqd schon einen Auftritt hatte (hier durch Dirk Liesemer)), beleuchtet das ambivalente Verhältnis des "armen B. B." zur Sowjetunion.
Die sowjetische Avantgarde faszinierte Brecht, aber diese geriet in Verruf als er vor sowjetischen Publikum aufgeführt wurde, dazu kam ein Wohlstandsgefälle:
Der Film »Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?« wurde vom Moskauer Publikum sehr kühl aufgenommen. Bernhard Reich erinnerte sich an die Reaktion der Zuschauer: Sie erwarteten einen Spielfilm mit umwerfenden revolutionären Ereignissen von großartigen deutschen revolutionären Künstlern. Doch »Kuhle Wampe« schien ein Dokumentarfilm zu sein – der Einfluss von Dsiga Wertows Methode war zu offensichtlich. Zu dieser Zeit wurden Wertow und die gesamte faktenbasierte Strömung in der Kunst mit Misstrauen betrachtet.
Einige Episoden des Films verwirrten das Publikum. Der sowjetische Leser oder Zuschauer stellte sich die Arbeitslosigkeit auf sehr einfache Weise vor: In Lumpen gekleidete Menschen ziehen verrottete, schmutzige Kartoffeln aus den Mülltonnen. Sie leben in einer Barackensiedlung und ihr Leben ist düster. Und im Film ist dann ein arbeitsloser junger Mann zu sehen, der den Glauben an bessere Zeiten verloren hat und Selbstmord begeht, aber eine Uhr und ein Fahrrad besitzt. Nach den damaligen Indikatoren der Sowjetunion handelt es sich um einen wohlhabenden Mann.
Es sind Vorgänge, die uns bekannt vorkommen: Veröffentlichte Gespräche russischer Soldaten, die in Vororten von Kiew wie Butscha vergewaltigten und raubten, neideten den Bewohnern die technische Ausstattung.
Zurück zu Brechts, von dem viele Freunde und Weggefährten wie Sergei Tretjakow, Carola Neher, Ernst Ottwalt oder Michail Kolzow im Großen Terror in den 1930ern umkamen oder im Archipel Gulag Zwangsarbeit verrichten mussten. Dennoch verurteilte der große Autor nie die Sowjetunion - oder nur in internen Gesprächen, die nicht an die Öffentlichkeit gelangten.
Allerdings dringt in Notizen und Entwürfen seine Skepsis durch, Befürchtungen sind unüberhörbar.
Im Entwurf einer Szene vom 19.9.1939 (die sich wie ein Prolog zu Heiner Müllers Szene »Panzerschlacht« aus »Germania 3« liest) lässt Brecht Stalin, Woroschilow, Molotow und Schdanow ihre Zweifel an der »neuen Freundschaft mit dem Räuber von der Spree« gegen einen Marschbefehl nach Polen abwägen. Zwischentitel: »Kreml. Nacht«.
Und hier die Hörspielfassung von GERMANIA 3 - Gespenster am toten Mann von Heiner Müllers letztem Theatertext aus dem Jahr 1995 mit dem famosen, zu früh gestorbenen Ulrich Mühe. Der Abschluss des Werks von Brechts wichtigsten Schüler und Nachfolger wirkt heute erhellend, da man sieht wie Stalinismus und Nazidiktatur verflochten sind, kaum zu trennen. Ihre Gespenster stehen heute wieder auf.
In ihrem aktuellen Buch nimmt Irina Rastorgueva diese Themen von Gestern im Heute auf:
Russland, so Rastorgueva im letzten Kapitel, sei ein Land „der erfüllten Dystopien“, es sei eine „kafkaeske Welt ohne Zentrum, mit einem reduzierten Koordinatensystem, ein endloser absurder monströser Traum“, der Mensch als Individuum existiere in dieser dystopischen Welt nicht, „er ist nur ein Mittel, ein Teil der Masse“ – und ergänzen darf man: entweder ein Teil der eingeschüchterten stummgemachten Masse der Bevölkerung oder Teil der Strafkolonie oder – die Sterblichkeit steigt: Teil des Friedhofs.
Vieles, was in diesem Buch versammelt ist, ist als Information oder Befund nicht neu, doch dies alles in dieser Form, mit großer Verzweiflung, aber zugleich präzis, aufgeschrieben zu haben: das macht Rastorguevas Russlandsimulacrum zu einer bedrückenden, doch wichtigen Lektüre. Und hier noch eine Rezension.
Da ein Jahrtausendkünstler wie Bertolt Brecht nicht auf die Haltung zur Sowjetunion an seinem 125. Geburtstag reduziert werden kann und da ein ausgezeichnetes Feature mit vielen mittlerweile verstorbenen Zeitzeugen wieder zu hören ist, sei "Ich benötige keinen Grabstein" - Erinnerungen an Bertolt Brecht empfohlen.
Die ARD stellt eine Dokumentation zu Brecht und das Berliner Ensemble in die Mediathek.
Und hier erläutert Erdmut Wizisla, seit 1993 Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs in Berlin, die Relevanz des "armen B. B." in fünf Thesen:
These eins: Erkenntnis ist mit Lust verbunden.
These zwei: Brechts Theater ist wissenschaftlich.
These drei: Lust am Zweifel gehört in unserer Ja-Nein-Kultur gefördert.
These vier: Brecht beurteilte Kunst nach ihrem Gebrauchswert.
These fünf: Brecht besaß die Tugend der Freundlichkeit.
Und wer Brecht mal hören will, hier singt er das Lied, dem ich den Titel dieses piqs verdanke.
Quelle: Bertolt Brecht, Irina Rastorgueva, Heiner Müller u. a. www.nd-aktuell.de
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