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Europa

Das "Woodstock of Postgrowth"

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
Zum Kurator'innen-Profil
Jürgen KluteSamstag, 20.05.2023

Das "Woodstock of Postgrowth" nannte Louison Cahen-Fourot, Assistant Professor an der dänischen Roskilde Universität, die Beyond Growth 2023 Conference, die vom 15. bis 17. Mai in Brüssel im Europäischen Parlament (EP) stattfand.

Diese Empfehlung bezieht sich also nicht auf einen einzelnen Artikel, sondern auf eine Konferenz. Der Link führt zu den Aufzeichnungen einer ganzen Reihe der thematischen Veranstaltungen in deren Rahmen.

Der strategische Kopf hinter dieser Konferenz, die mit über 1.000 Teilnehmenden die bisher größte ist, die aus dem EP heraus organisiert wurde, ist der grüne belgische Europaabgeordnete Philippe Lambert. Unterstützt wurde er von Abgeordneten aus fast allen anderen Fraktionen des Parlaments mit Ausnahme der rechtsextremen Fraktionen. Die Unterstützung aus Deutschland war mit zwei MEP allerdings mehr als bescheiden: Manuela Ripa (Greens/EFA) und Helmut Scholz (The Left).

Die insgesamt 27 Veranstaltungen (7 Plenarveranstaltungen und 20 Workshops) waren hochkarätig besetzt. Neben vielen anderen standen die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz auf der Liste der ReferentInnen.

Auf einem hohen fachlichen Niveau ging es im Kern um die Frage, mit welchen Indikatoren wirtschaftlicher Erfolg und wirtschaftliche Entwicklungen angemessen erfasst werden können, denn sie dienen als Grundlage politischer Entscheidungen. Es ging also keineswegs nur um Verzicht und Verbote, sondern ganz wesentlich um die Frage sachgerechter Maßstäbe und wie unter heutigen Bedingungen überhaupt wirtschaftlich relevantes Handeln zu definieren ist.

Zum anderen hat diese Konferenz hunderten von jungen Menschen die Möglichkeit geboten, sich im Europäischen Parlament mit Abgeordneten, Beamtinnen der EU und Wissenschaftlerinnen über diese Fragen, die für die Bewältigung der Klimakrise von zentraler Bedeutung sind, auseinanderzusetzen und mit ihren Sorgen und Anliegen von Politikerinnen wahr- und ernstgenommen zu werden.

In bundesrepublikanischen Medien habe ich bisher über diese Konferenz keine Berichten entdeckt. Lediglich der englischsprachige ECONOMIST hat einen Verriss veröffentlicht: Meet the lefty Europeans who want to deliberately shrink the economy. Dass sich auch konservative und liberale Politikerinnen aus der EPP und Renew Europe aktiv an der Konferenz beteiligt haben, hat der Economist schlicht ignoriert.

Deshalb diese Empfehlung an dieser Stelle. Ich hoffe, dass viele sie wahrnehmen, und einfach mal reinschauen in die Aufzeichnungen der Konferenz. Auch wenn man/frau nicht in allem den Überlegungen folgen mag, gibt es sehr viele Anregungen auf den Plenarsitzungen und Workshops. Denn es ist schon bemerkenswert, dass das größte und bedeutendste Parlament in Europa sich Parteigrenzen überschreitend in beispielgebender Weise und auf einem ungewöhnlich hohen Niveau mit dem drängendsten Problem, vor dem wir als Menschheit stehen, unsere Art des Wirtschaftens und die daraus resultierende Klimakrise, drei volle Tage im Rahmen einer Großveranstaltung befasst und dies kaum öffentliche und mediale Resonanz findet.

Das "Woodstock of Postgrowth"

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Kommentare 28
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

    Hier noch ein interessanter Block (leider nur in Teilen offen), der auf die Veranstaltung Bezug nimmt und einige Links angibt. Die Kritik In a nutshell:

    "Klein pointed out that major reductions in living standards would be politically unacceptable in rich countries.
    Milanovic showed that meaningful global degrowth would have to go beyond rich countries; it would have to stop poor countries from escaping poverty, which would be both politically untenable and morally wrong.
    Piper noted that coordinated global degrowth would take much more economic central planning than we’re actually able to do."

    https://www.noahpinion...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Nun ja, in der Konferenz ging es bewusst nicht um De-Growth, sondern um Beyond Growth. Das läuft dann auf eine Umverteilung zwischen den reichen und den armen Gesellschaften hinaus. Das ist eine gewaltige Herausforderung. Aber wenn sie nicht gelingt, dann leben nach neueren Berechnungen bis 2070 rund 9,5 Milliarden Menschen in Regionen der Erde, in denen ein dauerhaftes Leben nicht mehr möglich ist (Quelle: https://www.spiegel.de...). Dies 20 % der Weltbevölkerung werden dann in andere Lebensräume auswandern müssen. Mehr lässt sich dazu nicht sagen. Entweder der Menschheit gelingt es, in den kommen fünf bis 10 Jahren gegenzusteuern oder es wird sehr ungemütlich auf dem Planeten.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Dazu ist zu sagen, dass es sich um ziemlich unwahrscheinliche Szenarien handelt und nicht um belastbare "Berechnungen". Es leben auch nicht 9,5 Mrd. Menschen in solchen evtl. so heißen Gebieten sondern 20% davon. Was auch zu viel wäre.

      Aber wenn die Veranstaltung gar nicht das "Woodstock of Postgrowth" war sondern es um Wachstum und seine Messung ging, dann bin ich jetzt beruhigt.

      Allerdings. der von mir empfohlene Block vom NOAH SMITH enthält trotzdem sehr gute/interessante Links zu Postgrowth Debatte ….

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl "Es leben auch nicht 9,5 Mrd. Menschen in solchen evtl. so heißen Gebieten sondern 20% davon. Was auch zu viel wäre." Stimmt, das war ein Fehler. Aber das wären immerhin noch gut eine Milliarde Menschen auf der Suche nach neuen Lebensmöglichkeiten.

      Ja, es ging in der Tat nicht um De-Growth. Die Veranstalter haben sich bewusst für den Titel Beyond Growth entschieden, eben weil es nicht einfach um Verzicht geht. Wenn eine Energiewende gelingt hin zu erneuerbarer Energie und gleichzeitig anders mit den verfügbaren Ressourcen umgegangen wird (z.B. Kreislaufwirtschaft), dann geht es nicht primär um Verzicht. Deshalb standen die Indikatoren und Maßstäbe wirtschaftlichen Wachstums im Zentrum: Wonach bemisst sich wirtschaftlicher Erfolg? Und wie lassen sich da auch ökologische Indikatoren und vor allem Indikatoren, die auf Steigerung der Lebensqualität setzen (Well Being) entwickeln bzw. weiterentwickeln. Die Herausforderung für die reichen Gesellschaften beseht eher darin, dass sie sich mit einer globalen Umverteilung auseinandersetzen müssen. Die bedeutet aber keineswegs eine globale Beschränkung des Wachstums, sondern eine langfristigere Nutzung von Gütern. Darin unterschied sich diese Konferenz schon von den De-Growth-Konferenzen, die es vor ein paar Jahren in Deutschland gab. In Deutschland scheint mir die ökologische Debatte oft eher idealistisch zu laufen. Die deutschen Grünen haben diese Konferenz auch nicht mit unterstützt, wie mir Philippe Lambert, der Kopf der Konferenz sagte. Philippe gehört zu den belgischen Grünen. Wir kennen uns ganz gut, da wir zusammen im Wirtschaftsausschuss des EP waren. Insofern finde ich es schade, dass diese Konferenz keine große Resonanz gefunden hat. Sie hat keine fertigen Lösungen angeboten, sondern sie hat eine Bestandsaufnahme der Debatten um eine sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft geboten und das im Dialog mit Wissenschaftlerinnen und Aktivistinnen. Das war der wirklich zweite wichtige Aspekt dieser Konferenz: Der Dialog mit den jungen Aktivistinnen, die dieses Angebot ja auch angenommen haben und sehr gut informiert waren. Das ist eben etwas qualitativ ganz anderes als die deutsche politische Reaktion: die Aktivistinnen mit der Polizei zu jagen.

      Ich habe letzten Montag eine langes Podcast-Interview mit dem MdEP Helmut Scholz zu dieser Konferenz gemacht. Er war einer der Mitorganisatoren und auch einer der Beitragenden auf der Konferenz, und zwar zum Thema Handelspolitik. Da ich in den letzten Tage etwas erkältet war, komme ich wohl erst morgen dazu, dieses Interview zu veröffentlichen. Wenn es dich interessiert, dann kannst du ja mal rein hören. Du findest es dann vermutlich ab morgen Abend auf meinem Blog (europa.blog).

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Ja, Philippe Lambert scheint mir ein interessanter Kopf zu sein.

      Allerdings, in Deutschland werden nicht "die Aktivistinnen" von der Polizei gejagt sondern nur bestimmte. Und alle, die sich als Aktivisten bezeichnen (was ja, wie auch Influenzer, keine irgendwie geschützte Namensgebung ist und inhaltlich nichts aussagt) finden in den Medien großen und hysterischen Widerhall. Ich hab auch kurz überlegt, mich vor einem KKW festzukleben um den Weiterbetrieb zu erzwingen oder zumindest mit der Regierung zu verhandeln. Erschien mir dann aber doch zu kindisch ….. 😏

  2. Alexander Massmann
    Alexander Massmann · vor mehr als ein Jahr

    Danke für den Hinweis!

  3. Hermann J. F. König
    Hermann J. F. König · vor mehr als ein Jahr

    Ich kenne mich ja mit dem Mediensystem nicht so gut aus. Doch ist es nicht auch Aufgabe der Organisatoren einer solchen Veranstaltung selbst, eigene Medienkontakte zu nutzen, um dafür zu sorgen, dass die Ergebnisse an eine breite Öffentlichkeit kommt? Oder war es eine politische Entscheidung der Medienmogule?

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Die Organisatoren haben eine gute und breite Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Sie haben ihren Part der Arbeit also durchaus gemacht. Umgekehrt haben auch Medien die Verantwortung (darauf bestehen sie ansonsten ja gerne, wenn es z.B. Kritik an überbordender Berücksichtigung der AfD in der Berichterstattung geht), Informationen aufzunehmen, zu berichten und einzuordnen. Das ist hier – abgesehen von der Polemik im Economist – nicht geschehen.

  4. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

    Hier der andere Blick. Ist es so schwer aus Erfahrung zu lernen?

    "In 1972 a collective of grandees known as the Club of Rome set out to establish the limits to economic growth. Worried about the state of the planet, they fed a computer all they knew about farming yields, natural resources, population trends and so on. The rudimentary machine crunched the data and spouted a grim answer: given ecological constraints, the highest standard of living possible was one stagnating at half the American level of the time. Anything beyond that risked imminent disaster, a “sudden and uncontrollable decline in both population and industrial capacity”.

    Half a century later, the global population has doubled and gdp more than quadrupled: the limits to growth turned out to be as surmountable in the 20th century as they had been when first posited in the 18th. But anyone thinking that another 50 years of evidence might have settled the debate has not met the European left. At a three-day “Beyond Growth” conference held at the European Parliament in Brussels this week (and organised by 20 mainly left-leaning meps), an audience of youngsters whooped and cheered as speakers proclaimed that, this time, the limits of growth really have been reached. Driven by ecological concerns and riled by social injustice, to them the question is no longer how to mitigate the effects of human activity, for example by investing in green technologies. Rather, some form of “de-growth”— décroissance, in the original French—is necessary today to avoid societal collapse. …..

    Beyond the confines of the conference, Europe is grappling with near-intractable problems. How much can it spend to assist Ukraine as it fends off Russian aggression? How will Europe’s welfare state be financed as society ages? How can the best ideas to continue decarbonising the economy be turned into reality? Finding suitable solutions will require hard graft and much human ingenuity. That is the very stuff that economic growth is made of. The more of it, the better."

    https://www.economist....

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Wie gesagt, der Economist irrt. Hier war nicht allein die europäische Linke versammelt, sondern auch Liberale und Konservative. Ja, und 50 Jahre nach dem ersten Bericht des Club of Romes haben es tatsächlich mit den damals prognostizierten Folgen der CO2-Emissionen zu tun. Siehe die Wetterlagen in Frankreich, Spanien, Italien, Indien, Bangladesch, die abschmelzenden Pole und die steigenden Meeresspiegel. Der Economist verschweigt in seiner Polemik, dass das ungebremste Wachstum nun seinen Preis einzufordern beginnt.

      Im übrigen hieß die Konferenz bewusst nicht "De-Growth" sondern "Beyond Growth". Und wie in meinem Post angedeutet ging es vor allem um die wirtschafts- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen und um die Indikatoren, mit denen traditionelle wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung gemessen und definiert werden. Das die traditionellen Indikatoren ungenau und fragwürdig sind, ist ja keine neue Erkenntnis, aber es fehlen bis heute die nötigen Konsequenzen, die aus den Erkenntnissen zu ziehen sind. Immerhin gibt es mittlerweile Ansätze zu veränderten Erfassungen wirtschaftlichen Handelns. Auch das wurde auf der Konferenz thematisiert. Aber wer die fossile Wirtschaft lobbyiert, weil er von dort lukrative Anzeigen bekommt, hat kein Interesse an einer differenzierten Darstellung und Auseinandersetzung. Auch das ist nicht neu. Siehe die Enthüllungen über die frühen Studien von Shell über die Folgen der CO2 Emissionen für das Klima.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Der Economist hat doch nicht behauptet, der Kongress sei nur von Linken besucht. Er schrieb, er wäre "organised by 20 mainly left-leaning meps". Die Bewahrung der Natur oder gar der Schöpfung ist ja auch ein zutiefst konservatives Anliegen.

      Auch spielten bei dem ersten Berichten des Club of Romes (stark gefördert durch die Volkswagenstiftung) die CO2-Emissionen und ihre Folgen gar keine Rolle. Es ging vor allem um das quantitative (explosive) Wachstum der Bevölkerung, der Industrie, der Umweltverschmutzung und den entsprechenden Ressourcenverbrauch. Es wurde nicht davor gewarnt, dass durch die Verbrennung von zu viel Kohle und Gas zu viel CO2 freigesetzt würde. Der Club of Rome warnte vor dem Gegenteil: Die Vorräte an solchen Rohstoffen seien bald aufgebraucht.

      Obwohl es global kaum durchgreifende Maßnahmen zum Umweltschutz, zur Geburtenkontrolle, zur Begrenzung des Kapitalwachstums, der Industrialisierung gegeben hat, sind die Ressourcen noch lange nicht erschöpft (was in späteren Berichten auch gesagt wurde). Eher im Gegenteil. Und die Weltbevölkerung wie auch ihr Wohlstand sind eigentlich weiter gestiegen. Auch wenn die Millenniumsziele noch nicht erfüllt sind. Was natürlich einen späteren Kollaps nicht per se ausschließt.

      Aber trotz der ursprünglich anderslautenden Szenarien des CoR sind noch genügend Rohstoffe vorhanden um die wachstums- und ressorcenintensive energetische Wende zu realisieren. Auch viele der notwendigen Technologien sind vorhanden, wenn auch noch nicht alle. Aber ohne Wachstum wird das nicht gehen.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Was die Indikatoren angeht, die sind natürlich alle problematisch. Auch die, mit denen die Klimaaktivisten operieren - wie etwa die globale Mitteltemperatur. Sie liefern grobe Anhaltspunkte/Trends. Je komplexer die Indikatoren und ihre Annahmen um so höher die Manipulierbarkeit aber auch um so schwieriger die Messungen, die Vergleichbarkeit und die Wertungen. Deswegen setzen sich diese neuen Tools auch nur langsam durch. Aber wir haben nichts besseres.

    4. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Bevor wir hier weiter diskutieren, wäre es gut, du schaust dir erst einmal die Aufzeichnungen der Konferenz an. Dann merkst du sehr schnell, dass es bei den Indikatoren nicht um die globale Mitteltemperatur ging. Die war gar nicht Gegenstand und Thema dieser Konferenz.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Das hab ich auch nicht behauptet, dass es um die globalen Mitteltemperatur ging. Ich habe gesagt, dass alle Indikatoren (in komplexen Systemen - kleine Konkretisierung) problematisch sind. Das liegt in ihrer Natur.

    6. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Du hast allerdings globale Mitteltemperaturen als Beispiel genommen. Wie auch immer, das Indikatoren komplex sind, hält ja weder Wissenschaft noch Politik davon ab, sie zu nutzen und sie auch zur Grundlage von Entscheidungen zu nehmen. Und das Indikatoren komplex sind, ist auch kein Argument gegen eine kritische Hinterfragung bestehender Indikatoren und der Suche nach geeigneteren. Eben darum ging es im wesentlichen auf dieser Konferenz. Man/frau kann natürlich die vorgestellten Alternativen kritisch hinterfragen. Dazu muss man/frau sich dann aber die Alternativen und die Begründungen für die Favorisierung dieser Alternativen genauer anschauen. Der Grund, hier auf diese Konferenz hinzuweisen, war eben genau der: Leserinnen und Leser auf diese Debatte aufmerksam zu machen und sie zu motivieren, sich mit dieser Debatte vertraut zu machen und sich auch in diese Debatte einzubringen. Das setzt aber tatsächlich voraus, dass man/frau sich mit den Vorschlägen und Argumenten, die auf der Konferenz vorgetragen wurden, befasst.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Ja, nur die Diskussion über Indikatoren ist ja wirklich nicht neu. Und meist kritisiert/diskutiert man die Indikatoren, die gern von den politischen Gegnern genutzt werden und nicht die eigenen. Deswegen hatte ich die globale Mitteltemperatur gewählt. Mag sein, ich hab das nicht so deutlich formuliert.

  5. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als ein Jahr

    Für den Rundumblick schätze ich Ihren Journalismus! Leider werden solche, an sich sehr wichtigen Themen, als Grund für noch mehr Zentralismus und Raub unserer Freiheit benützt! Daher verm. die Ablehnung durch freiheitliche Parteien. Eine Diffamierung frei gewählter Parteien als „ rechter Rand“, und krampfhaftes man/ frau gendern wäre aber entbehrlich!

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Vielen Dank für Ihren Kommentar.

      Zum Thema EU und Zentralismus: Der Gesetzgebung der EU (Richtlinien und Verordnungen) müssen sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat der Europäischen Union zustimmen; nur wenn beide Kammern zustimmen, gilt eine Gesetzgebung als angenommen (mit ganz wenigen Ausnahmen, in denen der Rat alleine entscheiden kann). Im Rat der Europäischen Union sind die Regierungen der Mitgliedsländer der EU vertreten. Ohne deren Zustimmung kann also keine Gesetzgebung erfolgen. Gesetze, die von beiden Kammern nach Aushandlungsprozeduren wortgleich angenommen wurden, gelten dann natürlich EU-weit. Das Gesetzte dann für alle gelten, die ihm zugestimmt haben, ist der Sinn einer Gesetzgebung.

      Zum Thema Parteien am rechten Rand: In einer Demokratie können Parteien per Definition nur durch Wahlen Sitze in einem Parlament erlangen. Die Tatsache, dass eine Partei in ein Parlament gewählt wurde, sagt aber nichts aus über die politische Orientierung einer Partei. Die ergibt sich aus der Selbstdefinition in Form ihres Programms und ihrem Verhalten zu den konkreten politischen Themen, die im Parlament verhandelt werden. Da ist die Faktenlage im Europäischen Parlament eindeutig, wer zum rechten Rand gehört und sich auch selbst dort verortet.

      Zum Thema Gendern: Da ich mit meinen Texten nicht allein Männer anspreche und erreichen will, werde ich auch weiterhin eine inklusive Sprache verwenden. Selbstverständlich ist es jedem selbst überlassen, zu entscheiden, wen er mit seinen Texten ansprechen und erreichen will und wen er nicht ansprechen sondern ausschließen will.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Gibt es eine Partei im EU-Parlament, die sich selbst als rechter Rand oder als linker Rand bezeichnet?

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Ja, diejenigen Parteien, die ein rechtes Programm haben, verstehen sich in der tat als rechte Parteien. Wie anders sollten sie sich denn auch verstehen? Das macht sich fest am Verhältnis zu Menschenrechten, Grundrechten, Minderheitsrechten, Migration, Gesellschaftsverständnis, also Gleichheit aller Menschen, und der grundsätzlichen Haltung zur Demokratie. Ja, und selbstverständlich bezeichnen sich die linken Parteien als links. Die Fraktion der linken Parteien im Europäischen Parlament, der sowohl links-grüne Parteien aus Nordeuropa als auch kommunistische und linke postkommunistische Parteien aus Südeuropa angehören, trägt den offiziellen Namen "The Left". Und die europäische linke Partei heißt offizielle "The European Left". Was ich zum programmatischen Selbst-Definition rechter Parteien gesagt habe, ist die Trennungslinie zwischen beiden Lagern.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Das sich Parteien als rechts oder konservativ verstehen, das ist mir klar. Das geht ja weit bis in die Mitte. Sehen sie sich aber auch als "Rand"? Sind da Parteien, die Demokratie ablehnen?

    5. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Anders als in Deutschland glauben auf europäischer Ebene keineswegs alle Parteien, dass sie in der Mitte der Gesellschaft stehen. Man/frau weiß da schon sehr genau – und leugnet das auch nicht –, ob man in der Mitte oder am linken oder rechten Rand steht.

      Die Frage, ob es im EP Parteien gibt, die Demokratie ablehnen, kommt mir jetzt etwas gekünzelt vor. Es sollte bekannt sein, dass Viktor Orbans Partei westliche Demokratien – also liberale Demokratien, die Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten anerkennen und garantieren – ablehnt. Aber es gibt auch die griechischen Kommunisten (die allerdings nicht mehr der Fraktion "The Left" angehören), die Probleme mit demokratischen Gesellschaften haben.

    6. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Danke, das war mir nicht so klar.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Was Orban betrifft lehnt er liberale Demokratien ab, wie wir sie uns meist vorstellen. Noch ist Ungarn allerdings eine Wahldemokratie. Und die lehnt er wohl nicht ab. Lehnt er denn Menschen- oder Minderheitenrechte prinzipiell ab? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen? Dann müßte man Ungarn aus der EU rausschmeißen. Polen hat ja eine ähnliche Problematik. Sicher ist es schwierig in der Variationsbreite dessen, was man unter Demokratie und Menschenrechten etc. verstehen kann, strenge Grenzen zu ziehen und genaue/funktionierende Regeln zu setzen. Auch die Interessen und Bedingungen sind ja oft nicht deckungsgleich in den sehr unterschiedlichen Ländern. Wenn "der Westen" nur seine Vorstellungen von Demokratie als allein richtig setzt, dann könnte er bald einsam sein in der Welt?

      Ich finde, man soll dann schon präzise formulieren, wenn man jemanden vorwirft "die Demokratie" abzulehnen.

    8. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Also Menschenrechte sind schon klar definiert. Da gibt es nicht viel zu interpretieren. Es sei denn, man will sie bewusst relativieren.

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Also meines Wissens sind Menschenrechte sehr allgemein definiert. Das sieht man schon an der unendlichen Literatur und Rechtsprechung um sie irgendwie pauschal oder gar in Einzelfällen handhabbar zu machen. Das sind doch jedesmal soziale und auch kulturelle Konstrukte. Keiner hat doch da die oberste Definitionsmacht. Wenn es nichts zu interpretieren gäbe hätten wir in der EU auch keinen Migrationsstreit.

      Und ich denke, dass etwa viele Chinesen diese Rechte im Konkreten etwas anders sehen als Europäer.

    10. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Ich finde die Menschenrechtstexte keineswegs uneindeutig. Es geht in den Debatten eher darum, ob und wie weit man sie anerkennen will. Es gibt einige Punkte, in denen bestimmte Rechte punktuell und zeitlich befristet beschränkt werden dürfen. Das ist dann in der Tat immer ein streitbarer Punkt. Aber im Grundbestand sind die Menschenrechte recht klar formuliert. Ob die Chinesen die Grundrechte anderes sehen, würde ich in Zweifel ziehen. Die chinesische Regierung sieht sich sicher anders. Aber das bedeutet ja nicht, dass Chinesen generell die Menschenrechte anderes sehen als Europäer. Das Problem liegt eher darin, dass Europäer oft mehrdeutig mit Menschenrechten umgehen. Das fördert dann nicht unbedingt das europäische Reden über Menschenrechte. Aber das bedeutet alles nicht, die die Menschenrechte selbst unklar formuliert wären.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Man kann nur mehrdeutig mit etwas umgehen, das nicht eindeutig ist. Auch geht es nicht darum das Menschenrechte unklar formuliert sind sondern allgemein.

      „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Allgemein scheint das klar, aber in der Realität hilft es dem Individuum meist gar nicht.

      Es sind schöne Versprechungen, die im Detail interpretiert und gewährt werden sollen. Es ist einfach sie auszusprechen und schwer sie zu gewährleisten. Zumal sie nicht wirklich mit Pflichten/Geboten verbunden sind. Afrikanische Staaten können mehr oder weniger ungehindert ihre Bürgerkriege führen, ihre Bevölkerung wachsen lassen, die sich dann individuell auf die Menschenrechte berufen. Das kann nicht wirklich funktionieren. Jedenfalls so lange nicht, wie es keine globale Macht gibt, die Pflichten und Regeln durchsetzt. Und so wie die Welt gerade zersplittert (oder soll man sagen polarisiert?), ist das nicht abzusehen. Der Sieg Erdogan's läßt da nichts gutes erwarten.

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